Jede Reise beginnt mit dem ersten Schritt. Auch eine Pilgerreise. Wobei Muslime, die oft ein halbes Leben lang auf diesen Tag hinfiebern, sich schon Monate, wenn nicht Jahre lang darauf vorbereiten. Trotzdem ist es ein bedeutungsvoller Schritt für jeden Muslimen, wenn es soweit ist und man zur wahrscheinlich größten Reise seines Lebens aufbricht.
Es ist der 2. August 2019. Kurz nach 6 Uhr verlässt Nedim in der Morgendämmerung seine Wohnung in einer oberösterreichischen Kleinstadt, die seit mehr als 25 Jahren die Heimat des Österreichers mit kurdisch-türkischen Wurzeln ist, um sich auf seine lange erträumte und gut vorbereitete Reise zu den heiligen Quellen des Islam aufzumachen. Und vielleicht wird es auch, wie für Millionen von Pilgern, die Jahr für Jahr nach Mekka und Medina aufbrechen, eine Reise zu ihm selbst. Mehr dazu erfahrt ihr in den nächsten Wochen.
Die ersten Tage in Mekka: Es ist heiß. Für Freitag, den Beginn der dreitägigen Hadsch, sind 46 Grad und mehr vorhergesagt. Es ist sehr trocken und staubig. Trotz der vielen Menschen, die bereits hier sind, sehr ruhig. Die unvorstellbaren Menschenmassen, die sich jeden Tag rund um die Moschee und die Kaaba tummeln lassen ein erstes Gefühl davon aufkommen, was sich ab Freitag, dem offiziellen Beginn der Hadsch, hier abspielen wird. Ein schmerzender Finger und schlechte Telefonverbindungen in die Heimat können der prickelnden Vorfreude auf das Kommende und keinen Abbruch tun. Endlich das Gefühl, angekommen zu sein: inmitten der Hektik und des Lärms die ersten spirituellen Momente.
Freitag 9. August. Die große Pilgerreise, eine der fünf Säulen des Islam, beginnt. Wie jedes Jahr werden auch heuer um die zweieinhalb Millionen Pilger in Mekka erwartet, davon rund 1,8 Millionen aus dem Ausland. Zu Beginn der Hadsch wird die Kaaba siebenmal umrundet, bevor die Gläubigen am Sonntag in Gruppen zum Berg Arafat ziehen, der 25 Kilometer entfernt liegt. Dort hat der Religionsgründer Mohammed vor 1400 Jahren seine letzte Predigt gehalten. Um Staus zu verhindern, wird heuer erstmals der Hochgeschwindigkeitszug „Al Haramain – auf deutsch: die beiden Heiligtümer – eingesetzt. Station gemacht wird im Zeltlager Mina. In der Ebene vor Mina wird das Ritual des Steinwerfens vollzogen, mit dem symbolisch der Teufel gesteinigt wird. Dies repräsentiert die Handlung Abrahams, der mit Steinwürfen den Teufel in die Flucht trieb, als er ihn in Versuchung führte, seinen Sohn Ismael nicht zu opfern. Anschließend werden die Opfertiere in Mina geschlachtet, was zum Höhepunkt zählt und von Muslimen auf der ganzen Welt gefeiert wird.
Alles in allem waren die drei Wochen Pilgerreise ein Erlebnis, das kein gläubiger Muslime missen sollte. Viele Erfahrungen haben die eigene Spiritualität gefestigt und bereichern den Lebens- und Arbeitsalltag, den es auch nach einer Hadsch letztendlich wieder zu bewältigen gilt.