Die vier Könige werden die zu West Papua gehörenden Inseln rund um Sorong genannt. Die Stadt selbst hat wenig Königliches zu bieten, ist aber guter Ausgangspunkt für einen Streifzug durch die zwischen Nordaustralien und den Philippinen liegenden Islands.
Abseits des Massentourismus und je weiter man sich von der rund 250.000 Einwohner zählenden Stadt entfernt, jenseits der Zivilisation lässt sich gut durchatmen, innehalten und ein paar Gänge runter schalten. Mitzubringen sind nur Neugier, etwas Ausdauer und eine große Portion Geduld. Schon die Anreise ist beschwerlich.
Zwölf Stunden Flug von Europa nach Jakarta oder Denpasar. Weiter mit einer indonesischen Fluglinie nach Manado – dreieinhalb Flugstunden von Jakarta entfernt – und dann noch gute 80 Minuten bis man in der staubigen und unaufgeregten Stadt Sorong ankommt.
Sie liegt im Nordwesten von West-Papua, dem ehemaligen Iran Jaya, das heute indonesisches Territorium ist. Im Zuge der Annexion durch die Indonesier wurde Menschen von den indonesischen Inseln auf West-Papua angesiedelt und mit Verwaltungsjobs betraut, um die Einflussnahme in allen wichtigen Bereichen zu sichern.
Und bunt gemischt zeigt sich auch die Bevölkerung hier – Papuas Ureinwohner sind an ihrer Statur, der dunklen Hautfarbe und den gekrausten Haaren zu erkennen, bei den Jungen gibt es immer mehr Durchmischung.
Und immer mehr werden auch die Menschen aus anderen Teilen der Welt. Spanier, Deutsche, Italiener und Südamerikaner managen die kleinen Resorts entlang der wundervollen Strände der vielen Inseln auf den 42.000 Quadratkilometern, die Raja Ampat umfasst.
Die Marine Artenvielfalt in der Gegend, in der drei Kontinentalplatten aufeinander treffen, ist einzigartig auf der Welt. Mehr als 500 verschiedene Korallen, rund 75 Prozent von allen, die weltweit existieren, sind hier zu bestaunen.
Unglaublich bunt sind die Hausriffe, die mehrmals täglich zum Schnorcheln einladen. Jenes am Strand des Biodiversity Resorts auf Gam Island, das von der Portugiesin Patricia und ihrem Costa Ricanischen Mann bewirtschaftet wird, ist besonders artenreich und lädt zum Staunen ein.
Nicht nur unter Wasser, sondern auch an Land. Mit etwas Glück und Geduld lässt sich im bergigen Hinterland der Paradiesvogel sichten. Wir hatten leider nur Teil-Glück, obwohl sich unser Vogelexperte aus West-Papua nach einem Schweißtreibenden Aufstieg zum Beobachtungsplatz länger als eineinhalb Stunden abmühte, einen der Prachtexemplare anzulocken. Ein Pärchen lies sich nur einmal kurz in den hohen Baumwipfeln sichten.
Die Vogelstimmen der Paradiesvögel, die sich in den Blättern der Baumwipfeln versteckten und mit unserem Führer flirteten, konnten wir aber genießen. Am letzten Tag war der Gersang sogar vom Bett unserer Hütte aus mehrmals zu hören. Er muss ganz nahe gewesen sein, blieb aber unsichtbar. Dafür gibt es jede Menge anderes Getier zu beobachten, Riesenameisen, Tausendfüßler, die buntesten Libellen oder auch Leuchtkäfer.
Geduld ist in der Region in vielen Dingen gefragt, denn die gewohnten Hilfsmittel, die in vielen Teilen Indonesiens klaglos funktionieren, sind hier über weite Strecken außer Betrieb. Roaming ist nicht verfügbar, Wifi funktioniert nur Stunden weise pro Tag, Wasser ist nur begrenzt vorhanden und wenn es aus ist, ist es erst mal aus. Kalt duschen und auf der Toilette Wasser schöpfen gehören zum Alltag der Menschen, die auf den verstreuten Inseln leben.
Aber: Ein paar Tage, und der verwöhnte Mitteleuropäer hat sich gut arrangiert und lernt sehr schnell, dass man eigentlich mit sehr wenigen Dingen auskommen kann. Die frisch gewaschenen Haare trocknen Sonne und Wind. Das Bio Diversity Eco Resort auf Gam Island hat sich den Menschen der Region und der Natur verschrieben und betreibt nachhaltigen Tourismus. Klein und fein ist die Bungalowanlage, der Transport vom Airport auf die südlich von Waisai gelegene Insel ist perfekt organisiert. Die Zimmer sauber und liebevoll eingerichtet, dass es nur Kaltwasser gibt verzeiht man in dieser Umgebung gerne.
Das Tauchzentrum wird vom Italiener Max geführt. Hier werden täglich tolle Ausflüge für Taucher und Schnorchler organisiert. Am Abend sitzen alle zusammen an einem großen Tisch und tauschen bei feinstem Essen die Erlebnisse des Tages aus. Mehr zum Resort und den Projekten von Patricia und Rai unter www.rajaampatbiodiversity.com
Auf den Inseln im Raja Ampat Gebiet kann man stundenlang unter Wasser sein ohne sich an den grünen, blauen, violetten und golden schimmernden Gewächsen satt zu sehen, zwischen denen sich eine Unzahl an bunten Tropenfischen tummeln. Für Taucher – die Tauchspots liegen meist nur wenige Kilometer von den Inseln entfernt und sind schnell und einfach zu erreichen – offenbart sich darüber hinaus noch ein unglaublicher Fischreichtum.
Mehr als 1711 Arten von Fischen wurden von Meeresbiologen gesichtet, 700 verschiedene Meerestiere und 17 verschiedene Gattungen von Walen und Delphinen. Ein Unterwasserparadies, von den man an vielen Orten dieser Welt nur mehr träumen kann. Haie, Manta Rays, Groupers, Batfishes, Seepferdchen und Seesterne in allen Größen und Farben können ebenso bewundert werden wie Giant Morays und der Titan Triggerfisch. Die Delphine begleiten, wenn man Glück hat, bereits die Fähre, die zweimal täglich von Sorong nach Waisai fährt.
Der Eintritt in den Nationalparkt kostet rund 80 Euro und gilt ein Kalenderjahr lang. Die Preise auf den Inseln sind für indonesische Verhältnisse relativ hoch in etwa auf dem Niveau Australiens und Südseeinseln. Bargeld mitzunehmen ist kein Fehler, da auf Kreditkartenzahlungen nochmal vier Prozent draufgeschlagen werden. Money Changer und Bankomaten sind rar gesät.
West-Papua, das ehemalige Iran Jaya, umfasst 22 Prozent der Fläche im Westen von Neuguinea, das wiederum nach Grönland die zweitgrößte Insel der Welt ist. Das Land wurde 1963 nach längeren Auseinandersetzungen Indonesien zugesprochen und seither zuksessive mittels Immigrationssprogrammen mit Indonesiern besiedelt. Etwa die Hälfte der Einwohner stammen heute von indonesischen Inseln, der Rest sind Papua und Melanesier. Viele der einheimischen Papua sind Weltenwanderer, die zwischen kapitalistischer Geldwirtschaft und Stammeskult und Kriegsbemalung pendeln. Immergrüner tropischer Regenwald beherrscht mehr als Dreiviertel der Fläche. Der Puncak Jaya ist mit seinen 5030 Metern mit ewigem Eis bedeckt. Tieflandregenwälder und Bergdschungel sowie Malaria verseuchte Sümpfe machen das Reisen in dieser Gegend anstrengend und vor allem auch Zeit intensiv.
Den Namen erhielt die Insel vom spanischen Entdecker Inigo Ortiz de Retez, der 1545 als erster Europäer an der Nordküste von Neuginea an Land ging. Die dunkelhäutigen Menschen erinnerten ihn mit ihren Kraushaaren an jene in Guinea – deshalb nannte er die Insel Neuginea, das neue Guinea.
Anders als die etwas südlich liegenderen Molukken blieb das Gebiet jedoch weitgehend von europäischen Einflüssen und Landnahmen verschont. Die Erfforschung begann erst im 19 Jahrhundert durch Holländer und Briten.
1828 annektierten die Holländer den Westteil der Insel, die Engländer eroberten das heutige Papua Neuguinea. Zwanzig Jahfre später einigten sich die beiden Kolonialmächte auf die Grenzziehung, die bis heute die Geschichte der Insel beeinflusst. Nach dem ersten Weltkrieg mussten sich England und auch Deutschland, das 1848 den nordöstlichen Teil von Neuguinea, das spätere Kaiser Wilhelm Land annektiert hatte, aus Neuguinea zurückziehen. Der Ossteil der Insel kam als Treuhandgebiet des Völkerbundes, der späteren Vereinten Nationen, unter australische Verwaltung und erhielt erst 1975 Autonomiestatus als Papua Neuguinea.
Der Wessteil wurde der indonesischen Verwaltung unterstellt. 1973 wurde Iran Barat in Iran Jaya umbenannt, 2001 in West-Papua. Obwohl die indonesische Regierung versucht, die Menschen möglichst rasch zu „echten Indonesiern“ zu machen, formiert sich seit 1969 die OPM, die Befreiungsbewegung der Papua, immer wieder aufs Neue. Das Gebiet wird immer wieder von Unruhen und Auseinandersetzungen von Unabhängigkeits-Kämpfern der Papua und der indonesischen Regierung heimgesucht. Es geht dabei nicht nur um das Territorium, sondern vor allem um die Erdöl-, Kupfer und Nickelvorkommen.
Raja Ampat – vier Könige – nimmt Bezug auf die vier Hauptinseln Waigeo, Missol, Salawati und Batanta. Die Inselwelt besteht insgesamt aus mehr als 600 kleinen und kleinsten Inseln, die von oben betrachtet wie kleine Stecknaldelköpfe im Meer verteilt sind und zum Großteil aus Kalkfelsen die von unberührtem Regernwald bedeckt sind und sich im Meer in Saum und Barrierriffen fortsetzten.
Die Urweinwohner von West-Papua lassen sich in zwei Hauptgruppen gliedern: die Papua, das Wort Papua-wa stammt aus der malaiischen Sprachfamilie und bedeutet so viel wie krauses Haar, in den Hochtälern und die Melanesier, die in den Küstenniederungen und städtischen Zentren leben. Unzählige Dialekte beherrschen das Sprachbild, nicht selten können sich die Menschen aneinandergrenzender Stämme nicht miteinander verständigen. Die Lebens- und Arbeitsformen sind noch sehr einfach und den Einflüssen der Natur angepasst.
Obwohl weite Teile des Landes christianisiert und seit der Annexion durch Indonesien auch idlamisiert wurden, herrscht über weiter Strecken noch intensiver Ahnenkult, animistische Glaubensvorstellungen und Vielgötterglaube vor. Vor allem die Geister der Ahnen sind es, die die Natur und den Lebensraum beseelen und auf das Leben der Nachkommen wirken. Kanibalismus und Kopfjagd wurden weit ins 20. Jahrhundert hinein praktiziert, da die Papua glaubten, dass erst die absichtliche Tötung eines Menschen neues Leben möglich macht. Durch das Essen von Menschenfleisch geht die Lebenskraft des Getöteten auf den lebenden Menschen über, so der immer noch nicht ganz verschwundene Glaube der Einheimischen. Auf Ambon, den Südmolukken – eine gute Flugstunde entfernt von West-Papua – leben die Seelen der Toten in Tieren weiter, bei Waai auf der Nordinsel Leihitu findet man einen Pool mit klarem Quellwasser, in der sich Aale tummeln, die als Inkarnation der Ahnen verehrt und von den Dorfbewohnern regelmäßig mit rohen Eiern gefüttert werden. Über die Molukken mehr im nächsten Bericht.