Auf meinen letzten Blog-Beitrag hat sich eine Freundin aus Salzburg gemeldet und mir folgende Geschichte erzählt: Ihre 16-jährige Tochter war an einem der vergangenen Wochenende bei ihrer Freundin eingeladen. Weil sie mit dem Fahrrad unterwegs war, sollte sie vor der Dunkelheit allerspätestens um 20:30 Uhr daheim sein. Als es 20:55 Uhr wurde und von der Tochter immer noch nichts zu sehen war, machte sich ihre Mutter ernsthaft Sorgen. Sie rief bei der Mutter der Freundin ihrer Tochter an. Diese sagte ihr, dass die Mädls um 19 Uhr das Haus verlassen hatten. Iris, ihre Tochter, wollte die Freundin nach Hause begleiten. „Vielleicht sind sie unterwegs noch in ein Cafe gegangen“, meinte die Mutter von Iris scherzhaft. Sie war es ja gewohnt, dass Iris heimkam, wann sie wollte und machte sich offensichtlich keine Sorgen.
Anders bei meiner Freundin. Sie war sehr besorgt. Bisher hatte sich ihre Tochter immer an die Vorgaben, wann sie daheim sein sollte, gehalten. Da sie sich weder auf die drei kurz hintereinander getätigten Anrufe ihrer Mutter noch auf die WhatsApp mit der Frage, wo sie denn so lange bleibe, reagierte, machte sich meine Freundin mit dem Fahrrad auf den Weg, das Mädchen zu suchen. Unweit der Wohnung sah sie die beiden dann auch sitzen: in fröhlicher Eintracht auf einem Parkbänkchen. Sie schlürften einen Coffe to go und hatten sichtlich Spaß dabei, den Jungs auf der Wiese beim Fußballspielen zuzuschauen.
Überreaktion mit der GFK verhindern!
Nach einem kurzen Moment der Erleichterung, dass nicht passiert war, spürte sie die Wut hochkommen. Völlig außer sich fuhr meine Freundin zu den beiden Mädchen. Es war mittlerweile 21:20 Uhr. Sie reagierte nicht auf das „Hallo“ der Mädchen sondern schrie ihre Tochter vor den anderen Kindern zusammen. Dann machten sie sich gemeinsam auf den Heimweg. Das Mädchen aufgelöst in Tränen und meine Freundin immer noch wütend. „Du hast mich wie eine Dreijährige behandelt“, schrie das Mädchen ihre Mam an. Und diese brüllte zurück, dass es jetzt Hausarrest und Handyverbot setzte, weil ihre Tochter weder die vereinbarte Heimkehrzeit eingehalten hatte, noch auf die Anrufe und Nachrichten reagiert hatte. „Aber ich hatte das Telefon auf lautlos gestellt, weil du ja immer sagst, dass wir zu viel am Mobiltelefon hängen, und dich deshalb gar nicht gehört“, weinte die 16-Jährige, was ihre wütende Mutter nicht als Entschuldigung gelten ließ.
Zu Hause angekommen, zog sich das Mädel schmollend in sein Zimmer zurück. Das ganze Wochenende über war schlechte Stimmung und Aggression zu spüren. Das Mädchen war gekränkt, weil es sich vor den Freunden schämte und meine Freundin fühlte sich nicht gut, da sie das Gefühl hatte, wegen der großen Sorge, die sie sich gemacht hatte, überreagiert zu haben. Nun wollte sie von mir wissen, ob, und wenn ja, wie man diesen Konflikt mit der Gewaltfreien Kommunikation lösen könnte.
Wenn-Dann-Weil-Deshalb – damit geht vieles leichter!
Ich habe ihr ein bisschen was zu den Grundprinzipien erzählt – das Infoblatt findest du unten – und dann versucht, die Situation mit der Wenn-Dann-Weil-Deshalb-Formel aufzulösen.„Wenn ich sehe, dass du dich an unsere Vereinbarungen bzgl. Heimkehrzeit nicht hältst, dann bin ich wütend, weil ich mir große Sorgen um dich mache und gerne von dir respektiert werden möchte. Deshalb bitte ich dich jetzt noch einmal, dass du dich beim nächsten Ausflug zu deiner Freundin an unsere Vereinbarung hältst und wenn ihr schon noch etwas länger bleiben möchtet, dass du mich dann kurz anrufts und wir kurz besprechen, ob das noch geht. Kann ja auch sein, dass wir daheim in der Familie noch etwas geplant haben. Ist das in Ordnung?“
Ob es funktioniert hat, weiß ich noch nicht. Ich denke aber schon, da das Mädchen dann versteht, dass es Auslöser für die Wut der Mutter war. Dahinter aber Sorge und das Bedürfnis nach Anerkennung und Respekt standen.
Buch-Tipp
Mehr dazu in dem Buch „Die Giraffensprache. Ein Lern- und Lehrbuch“ und dem Kinderbuch „Yana, Paul und die Giraffensprache“, die ihr beide in unserem ipi Shop findet, in der PDF-Lernunterlage Giraffensprache https://www.ipi.co.at/ipi-shop/ oder auch in diversen Artikeln im Blog https://www.ipi.co.at/thema/gfk-giraffensprache/
Und hier noch ein paar Übungen zum Reinschnuppern einfach gratis Downloaden:
Habt ihr ähnliche Erfahrungen wie die oben geschilderten? Dann gerne an mich schicken. Wir wollen auch immer wieder Beispiele aufzeigen, wie wir schwierige Situationen gut lösen können. Schreibt uns eure Erfahrungen zu Mobbing, Abwertung, Vor-Verurteilung, Anwendung der GFK usw. (natürlich ohne Namen und anonym) und wir versuchen dann Handlungsansätze aufzuzeigen, was wir dagegen selber tun können. Denn das liegt in unserer Hand und in unserer Verantwortung, respektvoll und wertschätzend miteinander umzugehen und negativen Strömungen entgegen zu treten. Kontakt: seinabalawieh@hotmail.de