Wer gerne in der Natur ist, weiß, wie wohltuend ein Spaziergang durch den Wald sein kann. Zu jeder Jahreszeit. Und das nicht nur wegen der frischen und unbelasteten Waldluft und der Bewegung, sondern, weil wir von den Bäumen, Moosen, Farnen und Sträuchern Energie erhalten. Denn die Botenstoffe, die in Wäldern freigesetzt werden, wirken tatsächlich auf Körper, Geist und Seele. Das ist mittlerweile auch fundiert wissenschaftlich nachgewiesen. Neben Informationen zum Waldbaden finden Sie in diesem Buch eine Anleitung für ein zweiwöchiges Trainingsprogramm. Nutzen Sie die Kraft der Natur im Einklang mit dieser. So, wie es die Menschheit in vielen Jahrtausenden der Evolutionsgeschichte praktiziert hat.
Es ist alles mit allem verbunden.
Erst in den letzten zweihundert Jahren der Evolution scheint uns diese Einsicht etwas abhanden gekommen zu sein. Auch das alte Wissen darum, dass alles mit allem verbunden ist. Denn neu ist sie nicht, diese Erkenntnis. Einer der ersten, der dies auch verschriftlicht hat, war Alexander von Humboldt. Als er nach unglaublichen Strapazen, geplagt von der Hitze des undurchdringlichen Dschungels und später der Kälte des ewigen Eises völlig erschöpft etwas unterhalb des Gipfels des 6300 Meter hohen Vulkans Chimborazo stand und auf die unendliche Weite hinunter blickte, formulierte er die für die Naturwissenschaft und die gesamte Menschheit revolutionäre Erkenntnis: Er hatte am Weg durch den Dschungel und später durch Eis und Schnee erkannt, dass alles in der Natur zusammenhängt.
Ein Leben im Einklang mit der Natur
Schaut man zurück in die Menschheitsgeschichte, finden sich unzählige Beweise, dass Menschen bis in die entlegensten Ecken dieser Erde über tausende von Jahren intuitiv nach diesen Regeln lebten. Ein Leben im Einklang mit der Natur, von der sie vieles bekamen, die sie aber auch respektvoll behandelten. In Symbiose mit Tieren, Pflanzen und Bäumen aber auch Naturgewalten. Manche tun es ja heute noch. Oder vielleicht sogar nach jahrelanger Vernachlässigung dieses Wissens wieder gezielt. Mit der Erfindung der Dampfmaschine und der Industrialisierung wurde ein Paradigmenwechsel eingeleitet, der bis in die Gegenwart unser Leben bestimmt. Meist sind wir uns nicht mehr bewusst, dass kleinste Eingriffe in die Natur an vielen Orten der Welt größte Auswirkungen haben können. Von den immensen Umwälzungen hin zur Klimaveränderungen und den von Profit und Gewinn geleiteten Ausbeutungen von Rohstoffen und Waldrodungen ganz zu schweigen. Zum Glück gibt es, wie gesagt, mittlerweile auch Gegenbewegungen. Möglicherweise befinden wir uns gerade wieder in einem Paradigmenwechsel. Wieder hin zum Leben im Einklang mit der Natur. So weit das überhaupt noch möglich ist. Denn viele Dinge sind unwiederbringlich verloren.
Transformation braucht Paradigmenwechsel
In der Natur ist alles mit allem verbunden,
alles durchkreuzt sich, alles wechselt mit allem,
alles verändert sich eines in das andere.
G.E. Lessing, Hamburgische Dramaturgie
Zu einem Paradigmenwechsel, der Transformationsprozesse in der Regel begleitet, gehört ein radikales Umdenken, was die Nutzung und Ausbeutung der weltweiten Ressourcen betrifft. Ohne dem geht es nicht. Und auch nicht ohne Respekt und Achtung vor der Natur und den Lebewesen. Es braucht wieder ein Verständnis, dass alles voneinander abhängig ist und wir Menschen nicht die Beherrscher der Natur sondern nur ein kleiner Baustein mitten drin sind. Diesen respektvollen Zugang kann man sich jeden Tag wieder neu erarbeiten. Man muss nur einmal loslassen. Die Augen öffnen und genau hinschauen. Etwas Demut dabei schadet auch nichts. Dann wird er sich ganz schnell einstellen: der Mehrwert. Der Gewinn, auf den die moderne Welt so fixiert ist, kommt nicht nur in Form eines stärkeren Umweltbewusstseins der Natur zugute. Auch der Mensch und ganz konkret unser Körper profitiert von der Bewegung in der freien Natur. Die Japaner haben uns hier einiges voraus. Sie praktizieren seit den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts „Shinrin Yoku“. In unseren Breitengraden kommt dieser Trend gerade unter dem Schlagwort „Waldbaden“ in Mode.
Shinrin Yoku
Derzeit beforschen japanische Wissenschaftler die These, ob nicht auch die Bildung von Anti-Krebs-Proteinen und der Herzschutzsubstanz DHEA durch die Bewegung im Wald begünstigt werden. Auch in den USA ist Waldbaden bereits eine anerkannte Therapie, ebenso in den skandinavischen Ländern, England und Korea. In Mitteleuropa stecken die Ansätze noch in den Kinderschuhen, auch wenn es bereits Angebote zur Ausbildung und auch wissenschaftliche Forschung dazu gibt.
Der Mediziner und Immunologe Prof. Qing Li, Forscher an der Nippon Medical School in Tokio, ist eine Koryphäe auf dem Gebiet der Waldmedizin. Er hat als einer der ersten die Heilkraft des Waldes erforscht und in vielen Studien belegt, dass das Eintauchen in die Waldatmosphäre hilft, Ängste und Depressionen zu mildern, weil der Cortisolspiegel sinkt und der Stoffwechsel angekurbelt wird. Das Herz-Kreislaufsystem wird gestärkt, der Blutdruck sinkt messbar und der Puls pendelt sich auf natürliche Weise durch das gleichmäßige Gehen ein.
Komm mit in den Wald…
Schon im Mittelalter ein Geheimtipp: „Komm mit ins Grün des Waldes und du wirst Heilung erfahren, allein in dem du dort bist“, soll die berühmte Äbtissin Hildegard von Bingen einmal gesagt haben. Viele hundert Jahre später haben die Japaner diese Weisheit aufgegriffen und im fernen Osten salonfähig gemacht. Seit Beginn der 80-er Jahre des 20. Jahrhunderts bemüht sich die staatliche japanische Forstbehörde darum, Menschen zu Ausflügen in den Wald zu motivieren und diese, so wie andere spirituelle Traditionen, als fixe Bestandteile in den Lebensalltag zu integrieren. In etwa zeitgleich begann man auch mit der wissenschaftlichen Erforschung der Wirkung des Waldes auf den Menschen. Mittlerweile wird in verschiedenen Studien nachgewiesen, dass der Aufenthalt im Wald quasi wie eine Art „Aromatherapie“ wirkt. „Shinrin Yoku“ ist auf Basis der Forschungsergebnisse in Japan zu einer anerkannten Stress-Management-Methode avanciert und wird vom japanischen Gesundheitswesen beworben und gefördert.
Durch das Einatmen der Düfte und ätherischen Öle, die die Bäume produzieren, wird unser Immunsystem gestärkt. Sekundäre Pflanzenstoffe, sogenannte Phytonzide wie Alpha- und Betapinene, werden von Bäumen und anderen Pflanzen im Wald produziert und sind in der Waldluft in unterschiedlichen Konzentrationen und Zusammensetzungen nachzuweisen. Sie gehören zur Gruppe der Terpene. Bei einem Waldaufenthalt werden diese Stoffe maßgeblich über die Lunge aufgenommen. Der menschliche Körper produziert auf Basis der in der Waldluft enthaltenen Terpene verstärkt sogenannte Killerzellen, die gegen Krebs wirken. Die Studien liefern auch Beweise, dass sich durch den Aufenthalt im Wald Angstzustände, Depressionen und Wut verringern, Stresshormone abgebaut werden und die Vitalität steigt.
Der Wald als Therapiezentrum
Vor allem den Menschen in großen Städten wird der Aufenthalt im Wald regelrecht als Therapie „verordnet“. Dazu wurden auch spezielle Waldgebiete zu Wald-Therapiezentren ausgebaut und bieten den gestressten Großstädtern ein natürliches Umfeld zur Stressbekämpfung und für Achtsamkeitstrainings. Mittlerweile gibt es an den Japanischen Universitäten eigene Forschungszweige. Die „Forest Medicine“ ist international anerkannt und motiviert Wissenschaftler aus aller Welt zum Forschen. Derzeit gibt es, und das wird von Skeptikern gerne auch kritisiert, nur vereinzelte Studien mit ausreichend großen Fallzahlen und valider Statistik.
Die gesundheitlichen Effekte wissenschaftlich nachgewiesen
- Das Immunsystem wird gestärkt.
- Der Säure-Basenhaushalt kommt in Balance und unser Körper produziert weniger freie Radikale.
- Der Körper reduziert die Produktion von Stresshormonen.
- Wir stärken unser Herz-Kreislaufsystem und unsere Lunge.
- Wir kommen zur Ruhe und entschleunigen.
- Wir werden achtsamer und trainieren unsere Sinne.
- Wir bauen Aggression ab und werden positiver, wirken somit Depressionen entgegen und beugen einem Burn-out vor.
- Unser Blutdruck reguliert sich quasi wie von selbst – und das faszinierender Weise – in beide Richtungen. Der Hirnforscher Manfred Spitzer hat dazu in seinem Buch „Einsamkeit“ einen Überblick unterschiedlichster Studien, die dies belegen, zusammengestellt (Seite 219ff).
- Grübeleien und böse Gedanken verschwinden, die Kreativität steigt.
Waldbaden: In Balance kommen durch Achtsamkeit und Bewegung in der freien Natur!
Neugierig geworden? Dann versuchen Sie es doch. Wer sich erst einmal einen kleinen Überblick verschaffen und dazu ein kleines Achtsamkeits-Training ausprobieren will, kann dies im Selbststudium tun. Literatur dazu gibt es mittlerweile zur Genüge.
Eine Buch, das ein paar Hintergründe aufzeigt, die Mythologie mit einbezieht und auch einen Trainingsteil bietet, ist das Buch „Waldbaden – Balance durch Bewegung in der freien Natur. Eine Trainingsanleitung“, das im Frühjahr 2021 erschienen ist. Es ist im Buchhandel https://www.amazon.de/Waldbaden-Balance-Bewegung-freien-Trainingsanleitung/dp/B09328GC2R/ref=sr_1_1__mk_de_DE=%C3%85M%C3%85%C5%BD%C3%95%C3%91&dchild=1&keywords=Edith+Konrad+Waldbaden&qid=1626275865&sr=8-1 erhältlich und auch im ipi-Shop https://www.ipi.co.at/ipi-shop/. Dort als Taschenbuch, als E-Book oder auch bequem als PDF zum Abspeichern und Ausdrucken. Der Vorteil dieser Variante: Sie können sich die Übungen immer wieder ausdrucken und in den Wald zum Üben mitnehmen.
Auf YouTube einen kleinen Waldspaziergang – zum Entschleunigen und Einstimmen auf das Trainingsprogramm. https://www.youtube.com/watch?v=yCfjqv5UrvU
Wer sich intensiver mit der Thematik auseinandersetzen will, der kann auch aus einer Vielzahl an Trainings-Angeboten in Österreich und Deutschland wählen. Einfach mal googeln. Ein Tipp für eine Online-Ausbildung wäre das zertifizierte Angebot von Julia Bräunig, das gute erste Einblicke und viele Übungsmöglichkeiten bietet https://www.ganzheitliche-heilung.de/kurse/waldbaden/
Online-Coaching zu Buch „Waldbaden. Eine Trainingsanleitung“
Für alle, die gerne alleine üben, dann aber angeleitet über ihre Erfahrungen reflektieren möchten, können unser Online-Coachings-Angebot nutzen. Hier bekommen Sie Feedback und Tipps, wie Sie das Erlernte auch gut in die Praxis transferieren und in den Alltag einbinden können. Schreiben Sie mir eine Mail oder rufen Sie an und vereinbaren Sie mit mir Coaching-Termine via Zoom.
Kontaktformular: http://www.ipi.co.at/kontakt/ oder eiunfach eine Mail an office@ipi.co.at